Agatharied – dieser dem unwissenden Bayer höchstens wegen dem dort ansässigen Lehrkrankenhaus der LMU geläufige Begriff birgt für uns Sinfonietti doch soviel mehr: Nur eine knappe BOB-Stunde vom trubeligen Münchner Hauptbahnhof entfernt (je nach Signalstörung auch mal mehr) tut sich hier eine völlig andere Welt auf. Quasi auf dem Zauberberg liegt das heimelige Gästehaus “Berghof”, in das sich das schönste Studentenorchester Münchens jedes Semester für ein intensives Probenwochenende zurückzieht.
Über zweieinhalb Tage verteilt kann man in etwa 15 Probenstunden erfahren, wie das Orchester mehr und mehr zusammenwächst: Zwar fragen sich alle, die noch gut hören, warum Tchaikovsky eigentlich den Blechbläsern so oft fff notiert (Tipp vom Maestro: Macht ein mp draus!), und ob es von demselben eigentlich so gedacht war, dass der Holzbläsersatz in einer Art umgekehrter Abschiedssinfonie erst nach und nach in den Probenraum findet. Trotzdem lohnt sich die langwierige und manchmal mühselige Arbeit an den Werken: Geradezu magisch klingt plötzlich das Fagottsolo in Tchaikovskys Walzer (Zitat Hartmut Zöbeley), in Debussys “Après-midi d’un faune” räkeln sich die Nymphen im Wald schon viel ansprechender, und Rachmaninovs Variationen warten eigentlich nur noch darauf, dass ein virtuoser Pianist den fragmentierten Orchestersatz verbindet. Gut, wir wollen auch nicht übertreiben – hundertprozentige Konzertreife ist noch nicht an allen Stellen vorhanden (dann hätten wir ja auch den Rest des Semesters nichts mehr zu tun), aber die Fortschritte sind gewaltig, auch wenn im sonntäglichen Durchlauf dann doch der ein oder andere Takt konzentrations- oder ansatzbedingt danebenging. So ein Probenwochenende ist ja auch immer ein kleiner Marathon – oder eher ein großer, wo man den doch inzwischen unter zwei Stunden läuft.
Aber – ehrlich gesagt – wer interessiert sich schon für die Proben? Es ist ja klar, dass auf so einem Probenwochenende noch viel mehr Spannendes passiert, immerhin lassen 15 Stunden Probe noch ca. 30 Stunden für anderweitige Aktivitäten übrig. “Intensiv” trifft es auch hier ganz gut: Erfahrene Orchestermitglieder wissen schon, dass man sich auf so ein Wochenende nicht nur durch pausenloses Üben, sondern auch zweiwöchiges Fasten vorbereiten muss, um nicht nachher ein paar Kilo schwerer zu sein. Bei der reichlichen Berghof-Verpflegung hilft auch ein Spaziergang am Sonntagmittag nicht mehr viel, zu dem der strahlende Sonnenschein alle diejenigen lockte, denen eine halbe Stunde Mittagsschlaf zu langweilig war.
Der ein oder andere hatte diesen dann aber doch zu sehr nötig: Dafür sorgte die gesellige Atmosphäre, etliche Tischkicker- und Billardpartien, Kammermusik-Exzesse (Die “12 Cellisten der Sinfonietta” stehen denjenigen der Berliner Philharmoniker in nichts nach!) und Beschallung mit etwas modernerer Musik (als Rachmaninov). Böse Zungen behaupten, so mancher hätte beim “Kommando Pimperle” mehr Konzentration gezeigt als in den Proben.
Das war‘s schon wieder – oder endlich, der Länge des Textes nach zu urteilen. Wir danken insbesondere Cornelia für ihren unermüdlichen Einsatz für die Organisation des Probenwochenendes, Hartmut für das Proben auch in widrigen Bedingungen und dem Berghof für die fantastische Unterbringung und Verpflegung.
Bene (keine Angst, irgendwann schreibt auch mal wer anders)